Continuum

Title
Continuum
for harpsichord
Category
Solowerk
Cembalo
Duration
4:00
Number of performers
1
Composition year(s)
1968
World premiere
1968

Basel · Antoinette Vischer, Cembalo

Comment of the composer on the work

Continuum, im Januar 1968 auf Anregung der Cembalistin Antoinette Vischer geschrieben, ist technisch ganz aus den Möglichkeiten des Instruments entwickelt. Es wird auf zwei Manualen in derselben Lage gespielt, wodurch sich »Überdeckungseffekte«, mitunter sogar gleiche Tonhöhen ergeben – eine Art »idealer« Bewegung aus zwei Wellenbewegungen, die hier übereinstimmen und dort gegeneinander verschoben sind.

Auf dem Cembalo kann man noch schneller spielen als auf dem Klavier, in extremer Geschwindigkeit bei extremer Leichtigkeit des Anschlags, was zu einer Verschmelzung sukzessiver Töne führt. Was im Prestissimo dahinfliegt, geht gleichsam in Stillstand über. Diese Statik, die [uns/einem] so oft in meinen Werken begegnet, nimmt hier jedoch, durch den Cembaloklang, etwas geheimnisvoll Raschelndes, gespenstisch Summendes an.

Alles liegt sozusagen in den Fingern – ich habe die Musik so konzipiert, dass sie gleichsam aus den Fingern herauswächst. Die rasante Geschwindigkeit wird auch dadurch möglich, dass man die Finger nicht untersetzen braucht. Die Handposition ist immer dieselbe, nur die Dehnung der Finger wechselt. Komponiert wurde das Stück gewissermaßen für zwei Hände als bewegliche Gegenstände.

Durch das Ineinanderklingen der Saiten entsteht der Eindruck von Kontinuität. Obwohl man das Anzupfen der Saiten, das ja punktueller wirkt als das Anschlagen der Hämmer beim Klavier, deutlich hören kann, verschmelzen die Punkte zu Linien. Die Spannung zwischen punktueller Attacke und Verschmelzung zum Kontinuum ist wesentlich für die musikalische Form. Dieser Übergang von Rhythmus in Nichtrhythmus, in eine Art Statik, ist einem Harfen-Bisbigliando nicht unähnlich. Freilich wird der harfenartige Klang durch das typische Cembalo-Anschlagsgeräusch wiederum überdeckt, sodass ein schönes Summen entsteht, das sich einmal zu einer zarten, geräuschhaften Klangballung zusammenzieht und sich ein andermal zu einer in ihrer Bewegung gleichsam verharrenden Harmonie aufhellt. Continuum hat also erkennbare Verwandtschaften mit dem Orchesterstück Lontano und der Orgeletüde »Harmonies«.

Kompilation aus Einführungstexten zu mehreren Aufführungen, basierend auf Auszügen aus einem Brief an Ove Nordwall vom 19. Februar 1968.

Abdruck aus: György Ligeti, Gesammelte Schriften (Veröffentlichungen der Paul Sacher Stiftung, Bd. 10), hrsg. von Monika Lichtenfeld, Mainz: Schott Music 2007, Bd. 2, S. 250. © Paul Sacher Stiftung, Basel und Schott Music GmbH & Co. KG, Mainz, Bestellnummer: PSB 1014

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